Spielbein-Standbein der Bildung

Spielbein-Standbein der Bildung
Die Schulen in mehr Vielfalt und Selbstbestimmung führen. Ein Gastkommentar von Rudolf Taschner.

Politik, so Max Weber, „bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich“. Das Brett der Bildungspolitik zählt zu den härtesten, allein deshalb, weil Schulgesetze eine lange Vorlaufzeit benötigen und sie erst Jahre, Jahrzehnte später wirken. Wenn Heinz Faßmann die Mittelschulen dadurch aufwertete, dass er – wieder – Leistungsgruppen in den Klassen einführte, wenn er mit Deutschförderklassen Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache die Teilnahme am Unterricht ermöglichte, wird er vielleicht erst als Alterspräsident der Akademie der Wissenschaften von den Erfolgen seiner Initiativen erfahren.

So gesehen ist die Neufassung der Lehramtsausbildung, die nach stetem Drängen von Schulpraktikern und Abgeordneten des Unterrichtsausschusses, nicht zuletzt nach jahrelangem Fordern von meiner Seite, kürzlich von der Regierung präsentiert wurde, ein markanter Einschnitt im harten Brett der Bildungspolitik. Es wurde damit, so Bildungsjournalistin Julia Wenzel, ein echter Erfolg erzielt, wobei sie pointiert hinzufügt: „Es wird einer von wenigen bleiben.“

Tatsächlich darf man in der Abenddämmerung der Gesetzgebungsperiode bildungspolitisch keine Handstreiche mehr erwarten. Doch das starke langsame Bohren der harten Bretter muss fortgeführt werden.

Mit der neuen Lehramtsausbildung erwarten wir junge Lehrkräfte, die einerseits die Persönlichkeit jedes der ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen ernst nehmen und andererseits fachlich so firm sind, dass sie begeisternd zu unterrichten verstehen. Dafür hat die Bildungspolitik die Schulen so zu gestalten, dass sich die Lehrkräfte in ihnen entfalten und die Schüler unter ihrer Anleitung nicht nur schreiben, lesen, rechnen, sondern auch stimmig empfinden und richtig denken lernen.

Der Weg dorthin führt meiner Überzeugung nach über die Entlastung der Schulen von den Betonplatten der Bürokratie. Schule, die zu selbstbestimmten freien Menschen erzieht, muss selbst von der Fremdbestimmung in die Eigenverantwortung geführt werden. Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser – so hat der Grundsatz zu lauten. Natürlich muss der Staat seinen Schulen ein stabiles Gerüst geben: Schultypen, Fächerkanon, Zielvorgaben. Natürlich hat er dafür zu sorgen, dass Wissen und Fertigkeiten, die Lehrpläne auflisten, gelehrt, gelernt, geprüft werden. Das ist das Standbein. Doch es ist reichlich Platz für Eigenständigkeit, für den kreativen Unterricht zu schaffen. Das ist das Spielbein.

Bildungspolitik als fragiles, vielschichtiges Thema droht in einem hart und ungehobelt geführten Wahlkampf unterzugehen. Doch vielleicht mag die Ankündigung, Schulen in buntere Vielfalt und vermehrte Selbstbestimmung führen zu wollen, Wahlentscheidungen beeinflussen.

Rudolf Taschner ist Mathematiker und Bildungssprecher des ÖVP-Parlamentsklubs

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